CORONA – gute und weniger gute Nachrichten
An den oben genannten Einrichtungen und Geschäften sehen wir aber auch, es sind durchweg Dienstleistungen, die neu angeboten werden. Dienstleistung ist also weiterhin der Trent. Handel dagegen nicht. Wenn ich Handel erwähne, dann denke ich an Nachrichten vor allem über den globalen Handel, der die meisten kleingewerblichen Geschäfte ruiniert und viele Innenstädte verwahrlosen lässt. Zum Einen ist der Versandhandel eine übermächtige Konkurrenz, gegen die ein Einzelhandelsgeschäft kaum eine Chance hat und zum anderen in noch größerem Umfang und mit noch größeren Wirkungen ist das der sogenannte „Freihandel“. Der „Freie Markt“ bzw. der „Freihandel“, den Politiker immer wieder fordern, muss mit Recht sehr kritisch gesehen werden. Alle Systeme, ob die EU oder einzelne Länder wie Deutschland, Frankreich oder die USA schaffen mit ihren unterschiedlichen Besteuerungen und Subventionen von vorn herein unlautere Bedingungen, die jeden freien Wettbewerb unterminieren. Deshalb kann es in Wirklichkeit nie einen freien Markt oder einen freien Handel geben.
Hinter den vielen undurchsichtigen Kürzeln des Freihandels wie ACTA, CETA, EPA, GATT, GATS, ILO, ISDS, ITC, IWF, NAFTA, TISA, TTIP….steht oft ein Wust von Paragraphen, den nur noch hochrangige Experten durchblicken können. Unsere politische Elite und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel billigen solche Verträge stillschweigend und werben sogar dafür, obwohl sie selbst nicht den entsprechenden Durchblick haben, um die Folgen richtig bewerten zu können. Ich halte diese neoliberale Handelspolitik für gefährlich, weil die Handelsverträge mit vielen Rechtsklauseln undurchsichtig, undemokratisch und unwiderruflich sind. „Freihandel“ scheint für unsere Politiker zu einer Art Mantra geworden zu sein. Man schaut einfach nicht mehr so genau hin, was dort wirklich passiert und wem das nützt.
Die wirklich wichtigen Entscheidungen dieses Handels werden in Gremien gefällt, die keiner kennt und die keiner kontrolliert. Nützen tut das alles letztlich nur den Großkonzernen, den großen Handelsketten einer speziellen Wirtschaftselite. Aber es schadet dem regionalen und kleingewerblichen örtlichen Handel, den Bauern, den Handwerkern und Kleinbetrieben. Es schadet im großen Ausmaß der Umwelt und schließlich auch den Bürgern. In Peru z.B. wo der Kaffee wächst werden bewusst keine Kaffeeröstereien errichtet. Die Leute müssen dort Nescafé trinken. In Afrika und Asien werden durch die Ausbreitung von „Lidl“, „Kaufland“ und Co. noch viel gravierender als bei uns sämtliche landwirtschaftliche und Kleinbetriebe ruiniert, die ihre Waren nicht mehr verkaufen können. Zunahme von Armut und Flüchtlingsbewegung sind die Folge. Auch wenn deutsche Urlauber z.B. bei Lidl auf den griechischen Inseln einkaufen können, ist das gut für diese Urlauber, aber schlecht für die griechischen Bauern dort.
Bei den Freihandelsverträgen, dem unbegrenzten Verkehr von Waren, Kapital, Dienstleistungen und Arbeitskräften geht es nur noch um Gewinne, um Profit, um Wachstum um jeden Preis.
Gefährliche Entwicklungen darin sind insbesondere der damit verbundene Druck zur Privatisierung, die Privatisierung der Stromnetze, der Eisenbahn, der Krankenhäuser usw. Weiter kommt die Aushöhlung deutscher Standards hinzu. Eine der gefährlichsten Inhalte solcher Verträge ist die sogenannte „Sperrklinkenklausel“, durch die später bei veränderten Bedingungen keine Korrekturen an den Verträgen vorgenommen werden und ausländische Schiedsrichter sogar Staaten verklagen können. Geschäft diktiert also künftig das Recht. Die Interessen der Bürger, Regionales und Örtliches fallen unter den Tisch. Demokratie heißt aber auch, dass sich Bürger einmischen können dürfen, wenn es um ihre eigenen Angelegenheiten geht.
Dr. Bernd Müller-Kaller (August 2020)